KDFB

Keine Angst vor Macht

von links: Bürgermeisterin Isabel Fezer, Diözesanvorsitzende Dorothee Golm, KDFB Präsidentin Anja Karliczek

„Unsere Vielfalt – Unsere Stärke“ war das Motto des 12. Frauenfestes im Bildungshaus Untermarchtal. Rund 250 Frauen fuhren am Ende des Tages gestärkt, erfrischt und ermutigt nach Hause.

Mit der Vielfalt scheint die Gesellschaft gerade ein Problem zu haben. „Wo ist dieses Versprechen, in dem wir als Gesellschaft Individualität zulassen?“ fragte Anja Karliczek bei ihrem Statement am 12. Frauenfest des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) in Untermarchtal. Die Präsidentin des KDFB schaute dabei in der Vinzenzkirche auf eine vielfältige und bunte Schar von rund 250 Frauen aus der gesamten Diözese. Der KDFB ist ein Frauenverband, der immer wieder den Mut aufbringt, mehr Frauenverantwortung in der Kirche zu fordern. Und so ging es bei dem Frauenfest viel um Stärkung und um die Ermunterung, mutig Pläne zu schmieden und aufzubrechen. Es ging aber immer auch darum, die Fülle des Lebens zu leben. Unter diesen Aspekten wurde das Thema im Gottesdienst am Ende des Festes thematisiert.

Doch zu Beginn begrüßten die Diözesanvorsitzende Dorothee Golm und die neue geschäftsführende Referentin Dr. Birgit Mayer die Frauen und stellten auch Tanja Hörr vor, geschäftsführende Referentin der Landfrauenvereinigung des KDFB. Beide Frauen sind neu im Amt und vertrauen auf die Erfahrung der langjährigen Mitglieder und die Kraft der jüngeren. Seit dem letzten Frauenfest habe man 319 neue Mitglieder gewonnen, freute sich Birgit Mayer.

Prominenter Gast des Frauenfestes war Stuttgarts Bürgermeisterin Isabel Fezer, die im Interview mit der Diözesanvorsitzenden Dorothee Golm den Fachkräftemangel als ihr derzeit größtes Problem benannte. Sie könne in Stuttgart 3000 Kindern keinen Kitaplatz anbieten, bedauerte sie. Verständlich, dass das Thema schon für allerlei Kontroversen sorgte. Wie man jüngere Frauen stärken könne, sich für ihre Rechte einzusetzen, fragte Dorothee Golm. Die AfD und auch die Partei Volt hätten es bei der letzten Wahl besser gemacht, junge Menschen anzusprechen, bekannte Fezer. „Da haben wir Nachholbedarf“, meinte die Stadträtin. Man müsse zudem darauf achten, dass man sich nicht von den Älteren ausbremsen lasse. Auch die Ehrenamtsmüdigkeit sei realistisch  zu sehen. „Die Zeiten, in denen man seine Ehre daraus bezog, dass man ein Leben lang Schatzmeister des Tennisclubs war, sind vorbei“, erklärte sie. Man müsse temporäres ehrenamtliches Engagement mehr schätzen und klar machen, dass „man dann nicht auf ewig verhaftet ist“. Isabel Fezer plädierte auch dafür, das Wort „Macht“ nicht negativ zu besetzen. „Macht ist etwas, um sinnvollen Ideen zur Durchsetzung zu verhelfen“, sagte sie. Nach ihrer Erfahrung unterstützen Männer gerne jüngere Frauen, aber wenn es um höhere Führungspositionen geht, „ist mit der Förderung Schluss“. Außerdem würdigte Fezer die politische Arbeit des KDFB, insbesondere dessen Vorreiterrolle zur Verbesserung der Situation von Frauen in der Prostitution. Den Nerv der Frauen traf sie mit der Aussage, dass es nicht darauf ankomme, ob man evangelisch oder katholisch sei. Man solle vor allem laut und politisch sein, forderte sie ihre Zuhörerinnen auf. Als Multiplikatorinnen sollten sie auch machtvoll sein. Am Nachmittag verteilten sich die Frauen in 15 verschiedene Arbeitskreise. Im Workshop „Radikal.Verstehen“ mit Derya Şahan von der Fachstelle Extremismusdistanzierung wollte Barbara Kunz wissen, warum sich Menschen radikalisieren. Rita Sauter, selber in einem Helferkreis Asyl tätig, sah sich extremistischen Tendenzen ausgesetzt und meinte „die verunsichern einen dermaßen, dass einem irgendwann die Argumente ausgehen“.  Wohlfühlmomente gab es bei gegenseitigen Handmassagen oder Spaßiges bei der "Lust am Scheitern", wo irgendwann so viele Bälle durch den Raum flogen, dass sie nicht mehr gefangen werden konnten. Hilfreiches und Erholsames wie Line Dance, Ressourcenstärkung oder die eigene Saatgutgewinnung waren gleichermaßen gefragt. Die Teilnehmerinnen spendeten außerdem kräftig für die Projekte „Café La Strada“ und das „Hoffnungshaus“ in Stuttgart, die sich für Frauen in der Prostitution einsetzen. Insgesamt kamen hier rund 1.600 Euro zusammen.

Text und Foto: Christina Kirsch