KDFB

„Die Sehnsucht nach spirituellen Formen und Räumen ist sehr groß“

Seit einigen Jahren gibt es in Stuttgart die KDFB-Reihe „Kirche anders – Frauenkirche“, in der Frauen durch Gottesdienste in einer freien liturgischen Form, meditativen Impulsen und neuen geistlichen Liedern berührt und gestärkt werden sollen. Seit April 2016 gibt es das Projekt „Frauenkirche im ländlichen Raum“, mit dem die KDFB-Landfrauenvereinigung die Stuttgarter Idee aufgegriffen hat. Verantwortlich tätig für das von der diözesanen Bischof-Moser-Stiftung geförderte Projekt ist die Stuttgarter Theologin und Geistliche Beirätin der Landfrauenvereinigung, Birgit Bronner.

Das Projekt „Frauenkirche im ländlichen Raum“ läuft seit einigen Monaten. Wie ist die bisherige Resonanz?

Birgit Bronner: 2017 hat die Region Biberach-Ehingen-Laupheim mit drei Gottesdiensten begonnen. Zwei davon haben bereits stattgefunden und sind auf große Resonanz gestoßen. In jedem Gottesdienst gab es ungefähr 100 Besucherinnen. 2018 wird eine zweite Region mit „Kirche anders-Frauenkirche im ländlichen Raum“ beginnen: Die Vorbereitungen für drei Gottesdienste in der Region Friedrichshafen-Tettnang- Meckenbeuren laufen.

Ist das Projekt »Frauenkirche im ländlichen Raum« ähnlich konzipiert wie die Frauenkirche in Stuttgart?

Meine Aufgabe besteht darin, im ländlichen Raum Teams vor Ort zu bilden, die aus Ehrenamtlichen und hauptberuflichen Frauen bestehen, die diese Gottesdienste dauerhaft gemeinsam vorbereiten und durchführen.

Ein anderer Unterschied, der sich bisher zeigt, ist die Tatsache, dass die Gottesdienste einer Region nicht an einem festen Ort stattfinden, sondern in unterschiedlichen Kirchen. Das hat sicherlich mit der ländlichen Situation zu tun. Die Frauen in den Teams der bisherigen Standorte haben entschieden, dass anders als in Stuttgart, wo es eine „feste“ Kirche gibt, verschiedene Kirchen zum Zug kommen. 

Der KDFB und seine Landfrauenvereinigung sehen die Frauenkirche als einen Beitrag zur Erneuerung der Kirche. Kann ein neues Format wie die »Frauenkirche« auch Frauen erreichen, die - aus unterschiedlichen Gründen -  von der Kirche enttäuscht sind?

Diese Frage kann ich eindeutig mit „Ja“ beantworten. Bereits in den ersten beiden Gottesdiensten haben Frauen den Weg zu uns gefunden, die mit der „Ortskirche“ kaum noch Kontakte haben. Spannend bleibt wie „kirchenferne“ Frauen, wenn ich das einmal so formulieren darf, an die Informationen und Einladungen kommen. Neben der örtlichen Presse nutzen wir bisher hauptsächlich die kirchlichen Verbandsstrukturen, aber auch die Strukturen der Dekanate und Kirchengemeinden zur Veröffentlichung.

Die Frauenkirche soll Teilnehmerinnen darin bestärken, das Projekt selbstständig weiterzuführen. Wie kann dies gelingen?

Aus meiner Sicht wird das Projekt nur Anziehungskraft und Strahlkraft behalten, wenn es genügend personelle und zeitliche Ressourcen, sowohl von Seiten der Ehrenamtlichen als auch der Hauptberuflichen, dafür geben wird.

Die Gottesdienste leben davon, dass sie gemeinsam entwickelt und vorbereitet werden- und nicht einfach eine gute Vorlage aus einem Buch verwendet wird. Es braucht ein Minimum an Mitarbeitenden und die Unterstützung der Ortsgemeinde, in welcher der Gottesdienst stattfindet. Außerdem wird auf musikalische Möglichkeiten und Talente aus der Region zurückgegriffen, was den Gottesdiensten eine besondere Note verleiht.

Ich glaube, dass die Sehnsucht nach spirituellen Formen und Räumen in unserer Zeit sehr groß ist. Das Bedürfnis nach „Stille“, „Unterbrechung“, „Verständlichen Auslegungen der biblischen Texte“ und „ganzheitlichen Formen von Gebet“ ist heute groß. Daher glaube ich, dass das Projekt an sich große Zukunftschancen hat. Die Frage ist, wer dafür Verantwortung übernimmt und die Frauen, die diese Gottesdienste entwickeln wollen begleitet und ermutigt, unterstützt und inspiriert.

Interview: Karin Lutz-Efinger