KDFB

Bundesarbeitstagung der Landfrauenvereinigung

Zukunftsgestaltung für den ländlichen Raum

Mit der Entwicklung des ländlichen Raumes in strukturschwachen Gebieten und den Chancen durch erneuerbare Energien beschäftigte sich Mitte September die Bundesarbeitstagung der Landfrauenvereinigung. Tagungsort war die Ländliche Heimvolkshochschule Kloster Donndorf im Kyffhäuser Land in Nordthüringen. So konnten die Teilnehmerinnen vor Ort erleben, was es bedeutet, in einem strukturschwachen Gebiet zu leben. Die Pädagogin Lisa Mahler, die Mitte der 90er Jahre mit ihrer Familie aus Westdeutschland nach Donndorf gezogen ist und dort die Heimvolkshochschule mit aufgebaut hat, berichtete von den Schwierigkeiten der Region: hohe Arbeitslosigkeit, Stilllegung von Betrieben, doppelt so viele Sterbefälle wie Geburten, Wegzug junger Menschen, Schließung von Schulen, Kindergärten und Geschäften, schlechte Verkehrsanbindung. Die Menschen resignieren und befürchten, dass die Region von der Politik nicht weiter gefördert und irgendwann der Natur zurück gegeben werde.

Der ländliche Raum braucht eigenständige Entwicklung

Es gibt aber auch Hoffnungszeichen. Zum Beispiel die Bürgermeisterin von Donndorf, Gudrun Holbe. Seit 1990 kämpft die Bauingenieurin und CDU-Abgeordnete im thüringischen Landtag für die Entwicklung ihres Dorfes, ruft Fördermittel ab, investiert in den Wohnungsbau, siedelt erfolgreich Betriebe an. Und so hat Donndorf inzwischen auf Landes-, Bundes- und Europaebene etliche Preise gewonnen. „Wir wünschten uns mehr Bürgermeister wie Gudrun Holbe“, so Ministerialdirigent Karl-Friedrich Thöne, der die Förderpläne des Landes Thüringen für die ländlichen Regionen vorstellte. Thüringen setze auf Eigenverantwortlichkeit. Der ländliche Raum dürfe kein Anhängsel der Städte werden, sondern brauche eine eigenständige Entwicklung. Und so fördert Thüringen die Dorferneuerung, Neuansiedlung von Betrieben, alternative Landwirtschaft, soziale und technische Infrastruktur, Erhaltung des kulturellen Erbes.

Erneuerbare Energien – Chancen für den ländlichen Raum

Eine weitere Chance für den ländlichen Raum sehen Experten in den erneuerbaren Energien, da auf dem Land zum einen große Flächen zur Verfügung stehen, beispielsweise für die Energiegewinnung aus Windrädern oder Solaranlagen. Zum anderen fallen in der Landwirtschaft Produkte an, die zur Energiegewinnung weiter verarbeitet werden können: Energiepflanzen, Holz, Biomasse für Biogasanlagen. Erich Ortmaier, ehemaliger Akademischer Direktor der Technischen Universität München, erläuterte die Vor- und Nachteile verschiedener Energiequellen wie z.B. Solaranlagen, Windkrafträder, Biogasanlagen, Strom aus Getreide, Holzverbrennung, Wärmepumpen. Dieser Weg müsse, neben dem notwendigen Einsparen von Energie, weiter voran getrieben werden. Zum einen, um den schädlichen Auswirkungen des Klimawandels entgegen zu wirken. Zum anderen, um von Erdöl- und Gaslieferanten unabhängiger zu werden. Kritik übten die Landfrauen an der Verarbeitung von Pflanzen zu Treibstoffen. „Die Landwirte werden entscheiden, was ihnen mehr bringt“, so Erich Ortmaier. „Wird Energie besser bezahlt, werden sie den Anbau von Futter- und Nahrungsmitteln zurückfahren und Energiepflanzen anbauen.“ Die Teilnehmerinnen sehen darin eine große Gefahr. „Damit machen wir uns noch mehr abhängig“, fasste die Bundesvorsitzende der Landfrauenvereinigung Maja May das Unbehagen zusammen. „Wir werden zukünftig nicht nur Öl und Gas importieren müssen, sondern zunehmend auch Futterpflanzen und Nahrungsmittel.“

AgrarKulturerbe

Damit Geschichte, Brauchtum und das Kulturerbe im ländlichen Raum nicht verloren geht, hat es sich die Gesellschaft für Agrargeschichte zur Aufgabe gemacht, in einer Datenbank alle Organisationen oder Personen in Deutschland zu erfassen, die sich mit dem Agrarkulturerbe beschäftigen. Dies können Museen, Museumsdörfer, Archive, Bibliotheken, Forschungseinrichtungen, Heimat- und Geschichtsvereine, Landschaftspflegeverbände, Verwalter historischer Stätten, ländlicher Siedlungen und Kulturlandschaften, Denkmalschützer oder private Sammler sein. Der Historiker Dr. Andreas Dornheim stellte die Entstehung und den Aufbau der „Datenbank AgrarKulturerbe“ vor.

Exkursionen

Zur Bundesarbeitstagung der Landfrauenvereinigung gehören Exkursionen in die Region. Die Teilnehmerinnen besichtigten einen landwirtschaftlichen Betrieb in Donndorf, die weltweit größte Rosenausstellung „Rosarium“ in Sangershausen und eine Biogasanlage in Roßleben. In Bottendorf lernten sie ein Frauenprojekt kennen: Arbeitslose Frauen bewirtschaften eine wiederhergestellte alte Mühle mit Fremdenzimmern, verkaufen selbst hergestellte Produkte wie Kuchen, Säfte, Puppen. Leben können sie davon nicht, aber sie haben dadurch eine Beschäftigung. Wirtschaftlich erfolgreich arbeitet die Markusgemeinschaft in Hauteroda. Auf dem Bio-Gutshof leben und arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Sie bauen Getreide, Futtermittel, Obst und Gemüse an, halten Kühe und Schweine. Auf dem Hof gibt es neben Werkstätten wie der Tischlerei eine eigene Molkerei, eine Vollwert-Bäckerei, eine Herberge für Gäste, ein Café sowie eine Küche, die täglich 400 Mittagessen z.B. an Kindergärten und Schulen ausliefert.

Fördermöglichkeiten der EU

Zum Abschluss der viertägigen Bundesarbeitskonferenz stellte Josefine Loriz-Hoffmann, Referatsleiterin bei der EU im Direktorat für ländliche Entwicklung, Fördermöglichkeiten der EU für den ländlichen Raum vor. Sie stellte die beiden Säulen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vor: die Marktordnungen und die Landentwicklung. Den größten Teil der Ausgaben verursachen die Marktordnungen und die mit ihnen verbundenen Subventionen für die Landwirtschaft. Den Erzeugern landwirtschaftlicher Produkte werden von der EU Mindestpreise garantiert. Da diese in der Vergangenheit mehrfach abgesenkt wurden, erhalten sie zum Ausgleich Direktzahlungen, die seit der Reform mit Agenda 2000 weitgehend unabhängig von der produzierten Menge gewährt werden. Neben der Produktion („erste Säule“) sollen Maßnahmen der ländlichen Entwicklung („zweite Säule“) finanziell stärker unterstützt werden. Dabei geht es zum Beispiel um die Dorferneuerung und Dorfentwicklung, um Infrastuktur im ländlichen Raum, um Schaffung neuer Arbeitsplätze wie zum Beispiel Hofläden, Catering-Service oder Urlaub auf dem Bauernhof.

Text: Gabriele Klöckner

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