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KDFB zur Vatikan-Erklärung „Dignitas infinita“

Köln, 10.04.2024 – Für den Katholischen Deutschen Frauenbund e.V. (KDFB) trifft die Thematik der am 08. April veröffentlichten Erklärung des vatikanischen Glaubens-Dikasteriums „Dignitas infinita“ über die Menschenwürde einen Nerv der Zeit: Global und täglich werden Menschenwürde und Menschenrechte missachtet. Das Dokument unterstreicht die besondere Gefährdung von Personengruppen wie Frauen, queeren Personen, Migrant*innen oder „andersfähigen Menschen“. Kriege, Klimakrise oder Armut verschärfen die ohnehin dramatische Situation nochmals. Als Frauenverband beschäftigt den KDFB, dass Menschenrechtsverletzungen und geschlechtsbezogene Gewalt aktuell immer mehr zunehmen. Gleichzeitig empfindet er „Dignitas infinita“ in vielen Aussagen als unscharf, unterkomplex und auch verletzend.

„Dignitas infinita“ thematisiert ausführlich verschiedene Formen der Gewalt gegen Frauen, von sexueller Ausbeutung bis hin zu Femiziden, die erstmals in einem römischen Dokument benannt werden (vgl. Nr. 44–46). Selbst dort, wo Frauen theoretisch gleiche Würde und gleiche Rechte besitzen, bestehen weiterhin faktische Ungleichheiten mit Blick beispielsweise auf Lohngerechtigkeit, Familienrechte oder die Chancen auf Teilhabe an Entscheidungen. Leider wird die Erklärung den komplexen Lebenssituationen von Menschen an vielen Stellen nicht gerecht, beispielsweise von queeren Personen oder Frauen im Schwangerschaftskonflikt (vgl. Nr. 47). Der KDFB plädiert hier im Sinne einer doppelten Anwaltschaft für das Lebensrecht des Embryos und gleichzeitig für die Achtung der Würde der Frau und ihr Recht auf physische und psychische Gesundheit. Lebensschutz ist nur mit der Mutter gemeinsam möglich. Beide Rechte müssen daher in einen Ausgleich gebracht werden.

Nach „Dignitas infinita“ gilt: „Die Kirche verkündet, fördert und macht sich zum Garanten der Menschenwürde“ (Überschrift zu Kapitel 2). Katholik*innen engagieren sich an vielen Stellen überzeugend für Menschenwürde und Menschenrechte. Allerdings gilt immer noch, dass in der Kirche selbst Frauen nicht dieselben Rechte besitzen. Durch den Ausschluss von der Weihe sind sie von Ämtern, Entscheidungen und Mitsprache ausgeschlossen. Das schmälert das menschenrechtliche Zeugnis der Kirche deutlich. Hier wäre Selbstkritik zwingend notwendig.

„Als Verband, der sein Handeln theologisch reflektiert, verwundert uns der Umgang von ‚Dignitas infinita‘ mit der Bibel“, so die KDFB-Vizepräsidentin und Bibelwissenschaftlerin Ute Zeilmann. „Bibelstellen werden grundsätzlich nach der Einheitsübersetzung von 1980 zitiert, nicht nach der überarbeiteten, aktuellen Fassung von 2016. Deshalb verwendet das Dokument im Passus über biblische Begründungen der Menschenrechte immer noch die alte Übersetzung, nach der Gott den Menschen ‚als Mann und Frau‘ schuf. In der neuen Version ist von ‚männlich und weiblich‘ die Rede, entsprechend der relevanten historischen Textzeugen, womit die Bibel kein binäres Entweder-Oder ausdrücken will, sondern umfassend alle Menschen meint.“

„‘Dignitas infinita‘ lässt einmal mehr eine differenzierte Auseinandersetzung mit Gender Studies vermissen“, so die Vorsitzende der Theologischen Kommission des KDFB, Regina Heyder: „Die ‚Gender-Theorie‘ wird wieder nur im Singular und ausschließlich bezogen auf sexuelle Identität thematisiert (vgl. Nr. 56). Das entspricht in keiner Weise dem weltweiten Diskussionsstand. Bedauerlich ist ebenso, dass das Dokument ausschließlich männliche, westeuropäische Theologen zitiert. Als Frauenverband“, so Heyder weiter, „sind wir überzeugt: Frauenrechte sind Menschenrechte und Menschenrechte sind Frauenrechte (Hillary Clinton). Die gleiche Würde zeigt sich auch in der Kirche erst in gleichen Rechten.“

Anne Rauen
Leitung Kommunikation
KDFB Bundesverband